Rotmilan

Hallo, ich bin der Rotmilan (Milvus milvus) auch Gabelweihe genannt.


Auch ich lebe im Odenwald im Eiterbachtal. Wie die allermeisten Greifvögel gehöre ich zur Familie der Habichtartigen.


Ich bin ein schlanker, eleganter Vogel, etwa so groß wie der Mäusebussard von 60 bis 70 cm Länge mit einem Gewicht von 800 bis 1200 Gramm. Mein Weibchen ist etwas kräftiger bis zu 1400 Gramm schwer. Unsere Flügelspannweite erreicht etwa 150 bis 175 cm. In unberührter Natur können wir bis zu 25 Jahre alt werden. 


Wir sind beide schön anzusehen, rostbraun mit grauem Kopf und gelbem Augenring und langen kontrastreichen Flügeln. Wie der Name Gabelweihe bereits verrät haben wir einen langen tief gegabelten Schwanz. Wir können uns aber auch verstellen, wenn wir die Flügel stark spreizen, nimmt der tiefe Gabeleinschnitt ab. Auch bei unseren Jungvögeln ist der gegabelte Schwanz weniger stark ausgeprägt. Mein Frauchen und ich sind ein verträgliches, nicht aggressives Paar. Zu hören sind wir meist nur während der Brutzeit in unserem eigenen Revier mit einem „wiii-uuh ii uu ii uu ii uu…“. 


Die Brutzeit ist von April bis August. Meine Frau brütet 2 bis 3 weiße, braun gefleckte Eier circa 33 Tage aus. Nach einer Nestlingszeit von 6 bis 8 Wochen werden die Jungvögel flügge. Sie verlassen das Nest, werden aber noch 4 Wochen von uns betreut – sprich wir bereiten sie auf das Leben ohne Elternverband vor. Allerdings sind wir gesellige Vögel und außerhalb der Brutzeit in größeren Gruppen unterwegs. Zur Nacht suchen wir gemeinsame Schlafbäume auf. 


Wir bevorzugen eine abwechslungsreiche Landschaft mit offenen Flächen und lichten Laub- und Mischwäldern. Unser bis zu 1 Meter großes Nest bauen wir in hohen Bäumen in circa 20 Meter Höhe. Wählerisch sind wir hierbei nicht. Es kann vorkommen, dass wir das Nest von anderen Vögeln wie Krähen oder Bussarde übernehmen. Gerne kommen wir über mehrere Jahre an das gleiche Nest zurück, sofern dieses nicht zerstört wurde. Was die Ausstattung unserer Kinderstube anbelangt schaffen wir alles an, was wir in unserer Umwelt bevorzugt auf Mülldeponien auftreiben können. Wir nehmen alles von Plastik, Plastiktüten, Unterwäsche, Arbeitshandschuhe, Lumpen und Papier. Zur Not reichen auch zum Ausbessern des Nestes Tennisbälle oder Plüschtiere. 


Auf unserem Speiseplan stehen bevorzugt Aas, Mäuse, Hamster, Vögel und Abfälle. Da unsere Fänge, sprich Füße, nur mäßig ausgebildet sind, plündern wir eher als das wir jagen. Dazu halten wir ständig Ausschau nach Nahrung. Wir sind besonders gute Segelflieger. Fast ohne Flügelschlag können wir aufsteigen bis wir außer Sichtweite sind nur durch Ausnutzung der Thermik. 


Großen Respekt haben wir vor unseren natürlichen Fressfeinden wie Uhu, Habicht, Marder und Waschbär. Noch mehr fürchten wir uns vor dem Menschen. Dabei entfallen 50% des europäischen Rotmilanbestandes auf Deutschland. Somit habt ihr eine besondere Verantwortung für uns. Aufgrund des Klimawandels werden wir zunehmend zu Standvögeln und fliegen nicht mehr nach Frankreich und Spanien. Wir könnten eigentlich glücklich sein, nicht mehr im Winter wegziehen zu müssen, da der Vogelzug eine sehr gefährliche Angelegenheit ist. Aber auch hier sind wir gefährdet vor allem durch intensive Landwirtschaft, insbesondere durch den vermehrten Einsatz von Pestiziden und damit Rückgang an Nahrungsangeboten wie Nagetiere. Auch durch direkte und indirekte Vergiftungen werden wir getötet. 


Des Weiteren droht Gefahr durch Unfälle an Stromleitungen sowie durch Schienen- und Straßenverkehr. Dann stellt der Mensch noch Windindustrieanlagen auf, die wir nicht als Gefahr erkennen können. Beim Ausschau nach Beute werden uns systematisch die Köpfe durch die scharfen langen Rotorblätter vom Leib abgetrennt. Wenn wir dann tot auf dem Boden liegen, holt uns der Marder und weg sind wir. Dann sagt ihr, es sei ja gar nichts passiert.


Warum kann der Mensch nicht mit uns im Einklang der Natur leben? Warum dürfen wir keine Rückzugsgebiete mehr haben? Diese Windindustriemonster habt ihr sogar in die wenigen noch übrigen Wälder gestellt. Die noch übrig gebliebenen Naturschutzgebiete sind für uns und euch viel zu klein. Wisst ihr, dass wir euer heimliches Wappentier sind? Das müsste euch doch schützenswert sein?

 

Dr. Angelika Grimm-Eckardt


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